... Am nächsten Tag sollte es mit einer neuen Crew nach Benalmádena gehen, ein zauberhaftes Städtchen in Andalusien, das zur Provinz Malaga gehört. Unsere erste Station auf dem Weg: Ibiza. Ich weiß, der Ort ist bekannt und berühmt für seine Partys. Aber dafür würden wir leider keine Zeit haben. Denn unser Programm war eng und die Meilen haben Priorität, – diesmal nicht die Party! Zudem sollte es ein langer Tag für den ersten Segeltag werden … und ich hoffte, dass niemand seekrank würde!
Unsere neue Crew war bereits vollständig und seit 18:00 Uhr bei uns: Rolf, Röfe, Robert und Othmar. Alles gute Typen, denken wir, das würde cool werden!
Wir hatten auf Palma ein Restaurant reserviert, um den Abschied von Palma und den Start unseres neuen Törns zu feiern. Dieser erste gemeinsame Abend war bereits sehr lustig, wir verstanden uns alle! Robert & Rolf sammelten Meilen und Röfe & Othmar wollten mal sehen, ob sie den Seeschein machen könnten; sie „schnupperten“ diese Woche.
Ein Teil der Einführung hatten wir bereits vor dem Essen gemacht, – erst die Arbeit und dann das Vergnügen! Außerdem wollten wir am nächsten Morgen früh los, weil es ein so langer Tag werden würde.
Also standen wir bald auf und frühstückten um 08:00 Uhr. So gestärkt ging es zur „Einführung – 2. Teil“. Dabei wurde Grundlegendes gezeigt: „Wie funktioniert was hier auf der Lumumba“. Jeder Skipper macht das auf seine Art und Weise; denn es ist gar nicht so einfach, immer das Richtige zu machen, – das hängt ja auch von der Situation, vom Schiff etc. ab. Wie funktionieren die Winschen? Welche Schot ist wofür? Aber wir kennen ja die Fragen bzw. wissen inzwischen, was die Neu-Crewler nicht wissen bzw. noch nicht wissen können. Daher haben wir alles schön angeschrieben. So war es easy für unsere vier Männer, denn sie haben alle Segelerfahrung und sind ansonsten ziemlich auf Zack!
Nachdem sie sich geeinigt hatten, wer zuerst mit dem Abwasch dran ist, ging alles recht schnell und schon waren wir am Ablegen. Für das Kochen sind immer Jürg und ich zuständig (sicher ist sicher!), abgewaschen wird von unserer Crew. Das ist manchmal gar nicht so einfach, wie man meint. Denn es ist schon oft etwas kaputt gegangen. Und das lag nicht am Sturm oder weil die Lumumba gerade einen Looping versucht hätte! In Zeiten der Geschirrspülmaschine kommt man einfach aus der Übung, – aber die bekommt man bei uns schnell wieder!
Also auf nach Ibiza! 67sm lagen vor uns … ohne Wind! Es nützte alles nichts, wir mussten leider den ganzen Weg motoren. Aber wir nutzten die Zeit, um alles an Bord nochmals gemeinsam anzuschauen, sich besser kennenzulernen und einfach ein wenig zu „sein“.
Robert ist in der Druckereibranche tätig. Unser nächstes Plakat werden wir von ihm machen lassen. Rolf ist Tierarzt und hatte aus seiner tierischen Praxis einiges an abenteuerlichen Geschichten auf Lager. So erzählte er einmal von dem armen Wollschwein-Eber, der nicht von ihm kastriert werden wollte; spontan solidarisierten wir uns alle mit dem Wollschwein! Da er trotz mehrerer Versuche nicht zu bändigen war und sich Rolf wie auch das Wollschwein dabei einige Kratzer holten, sah dies Rolf als Wink des Schicksals und ließ dem Eber – wie auch allen seinen zukünftigen Weggefährtinnen – das Vergnügen.
Noch waren wir 170 sm davon entfernt, aber das war in ca. 30 Stunden mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5.5 km/h zu schaffen. Der Wind fehlte, der Regen war weitergezogen und die Sonne schien. So sehr wir uns über die Sonne freuten, aber der Wind fehlte uns einfach. Er wollte auch in den nächsten Stunden nicht stärker werden. Im Gegenteil. Am späteren Nachmittag wurde aus 2 Bf nur noch 1 Bf. Das Meer sah aus, als hätte es eine Ölschicht, so glatt war die See. Also motorten wir stramm durch die Nacht, mit Schichtwechsel alle vier Stunden. Meine Männer waren trotzdem supergut drauf! Es wurde geplaudert, gelesen und viel gelacht.
Ibiza hatten wir bereits im Dunkeln erreicht. Die Marina war bereits geschlossen und somit legten wir einfach direkt an der Hafenmauer vor der Marina an. Kaum hatten wir die Taue fest gezurrt, fing es auch schon so richtig an zu regnen. Hatte der Regengott Erbarmen mit uns? Wir wurden nicht nass! Abendessen nahmen wir auf der Lumumba, da es dann doch schon recht spät war.
Schnell noch die Motorenkontrolle; genug Öl, Kühlwasser etc. Alles war gut! Unser Tagesziel für heute lautete Cartagena! Das ist die zweitgrößte Stadt der Region Murcia und liegt an einer tiefen Bucht der Costa Cálida. Cartagena ist einer der bedeutendsten Handelshäfen Spaniens und die größte Marinebasis am Mittelmeer.
Während Jürg später mit den anderen den Wachplan besprach, unterhielt ich mich mit einem Rentnerehepaar aus Berlin. Sie sind jedes Jahr hier und immer zur selben Zeit, im Winter geht es dann auf die Kanaren. Die beiden wussten so viel zu erzählen, dass ich kaum zu Wort kam. Als die Dame erzählerisch noch einmal weit ausholen wollte, wurde sie von ihrem Gatten sehr beherzt weitergeschoben.
Delfine!! Gleich am ersten Tag – welch ein Geschenk! Leider blieben sie nicht sehr lange, es war aber wie immer wieder schön, wenn sie uns begrüßten. Es sieht immer so aus, als ob sie einen wirklich anschauen würden. Vom Backbord Bug rüber zum Steuerbord Bug getaucht, blitzschnell, und wieder weg. Trotzdem schön, dass sie unseren Weg gekreuzt und uns begrüßt haben!
3 Bf Wind, das reichte für die Lumumba nicht zum Segeln. Trotz des wenigen Windes aus NE hatte sich von irgendwoher eine Welle aufgebaut. Die Welle schupfte uns unsanft von achtern, da wurden gleich die Mägen unserer neuen Crew auf die Probe gestellt: Robert, der gerade Knoten übte, merkte es recht schnell und musste sich erst einmal hinlegen. Auch Othmar, der schon die blutige Wollschwein-Geschichte nicht vertragen hatte, wurde es schlecht.
Die Dämmerung senkte sich über uns; durch die Zeitumstellung bereits kurz nach 18:00 Uhr. Der Wachplan lief und alle waren überzeugt, dass es wohl keinen Wind geben würde. Wir bargen auch das Großsegel. Alle lasen oder schauten einfach auf das Meer hinaus. Zwischendrin sagte der eine oder der andere mal etwas, plötzlich ein Schrei: „Delfine!“ Direkt am Bug, sicher drei oder vier Delfine, sie nahmen aber keine Notiz von uns, sie hatten wohl nur ihr Ziel vor Augen. Ich fragte mich: „Wo wollen die wohl hin?“ Einer sprang einige Male aus dem Wasser und erheiterte uns mit seinen kleinen Kunststücken. Aber dann waren sie auch wieder schnell weg. Danach lasen wir alle weiter. Jürg sortierte die Karten, die Arbeit war perfekt für diese Stunde gemacht.
Wachablösung. Jürg und ich waren auch mal dran. Da wir nur zu sechst unterwegs waren, machten wir diesmal mit.
Es war gerade gegen 20:00 Uhr, als wir angelegten: Welcome to IBIZA!
Wir waren wohl etwas zu spät, denn das Office hatte bereits geschlossen und wir bekamen daher keinen Platz zugewiesen. Also legten wir seitlich direkt vor dem Office an. Die Festmacherleinen waren gerade festgezurrt und schon zeigte uns der Regengott, was er in den Wolken zu bieten hatte – und zwar richtig!
Wir waren ja aber bereits lange genug an der frischen Luft gewesen und daher war niemand traurig, dass wir unseren Ankertrunk mit Guacamole und das anschließende Dinner unter Deck zu uns nahmen. Noch während des Aperos fingen Jürg und ich an zu kochen, heute gab es ein leckeres Spargel-Risotto, dazu floss der rote Traubensaft.
Da wir alle von dem langen Tag und der vielen frischen Meerluft müde waren, fielen wir beizeiten in unsere Kojen, um für den nächsten Morgen und für alles, was passieren könnte, fit zu sein. … aber leider passierte nicht viel! Wieder kein Wind! Dafür frische Brötchen von einem deutschen Bäcker um die Ecke. Das Hafenbüro hatte inzwischen auch geöffnet und so konnten wir bezahlen und Schlüssel für die Duschen holen. Herrlich! Wir waren alle überrascht, wie sauber hier alles war. Von Sardinien kannte ich es leider etwas anders.
Der Wetterdienst und seine Streckenvorhersage waren gut! Man kann diese Infos per Mail anfordern. Dazu werden Schiffsgröße, Route und Geschwindigkeit benötigt. Für heute wurden ab mittags zwischen3-4 Bf angekündigt, – und so kam es auch. Später gegen Abend ging der Wind wieder zurück, auf 2 Bf. Somit stimmte auch diese Prognose. Der Vollmond begleitete uns auf unserem Weg. Es war wunderschön an Bord. Und es gab auch viel zu sehen: Viele Schiffe waren unterwegs. Wir kamen immer wieder an einem Verkehrstrennungsgebiet vorbei, so trafen wir ständig auf Fischerboote … mit leider wenig Beleuchtung. Wer hier schlafend wachen will, ist fehl am Platze! Auch unser neues Radar von g&b kam zum Einsatz. Es sah die Fischerboote, die wir mit noch so scharfen Adlerblicken noch gar nicht richtig erkennen konnten. Genial! Unser AIS meldete sich rechtzeitig, wenn wir auf Kollision waren, mit wem auch immer. Aber trotz der ganzen Hightech musste man auch selbst gehörig Ausschau halten. Denn hier ging ganz schön die Post ab!
Zum Abendessen gab es Spaghetti Carbonara, da hatten wir noch Segel gesetzt und rauschten mit 8 Knoten unserem Ziel näher. Inzwischen waren wir unter Motor mit 6 Knoten unterwegs, dafür aber auf direktem Weg dem Ziel näher.
Um 24:00 Uhr wurden wir von Röfe und Rolf abgelöst. Als wir wieder aufwachten, war es bereits 7:00 Uhr … aber immer noch kein Wind. In der Nacht hatten wir mal für sehr kurze Zeit 3 Bf, aber eben nur für kurze Zeit. Der Donnerstag entwickelte sich aber trotzdem zu einem Bilderbuchtag: Die Sonne schien mit 25 Grad herab, ohne Wind war das herrlich, – und das Ende Oktober! Alle waren wir faul und genossen den Moment.
Kurz bevor wir in La Herradura einliefen, gab es noch auf unserer Lumumba-Terrase einen knackigen Salat, Bier oder Weißwein, – ganz nach Wahl. La Herradura (übersetzt: Hufeisen, – der Name passt!) ist ein künstlich angelegter Hafen für 120 Liegeplätze an der Costa Tropical in der Provinz Granada. Herzig! Zum eigentlichen Dorf muss man etwas laufen. Die Marina empfiehlt das Taxi.
Jürg kochte am Abend Teigwaren, ich blieb oben, denn ich war gerade mit der Wache dran. Die Lumumba lief mit Autopilot, so konnten wir alle zusammen essen. Anschließend waren Rolf und Röve mit der Wache an der Reihe. Sie waren neugierig, denn es war ihre erste Nacht auf See. Um 03:00 Uhr lösten wir sie ab und wachten bis 06:00 Uhr. Dabei wurde es uns nicht langweilig, denn es war auf dem Meer mächtig viel los. Da wir kurz vor einem Verkehrstrennungsgebiet waren, schipperten recht große Pötte in unserem Fahrwasser. Der Vollmond zeigte uns unseren Weg durch das Meer, wenn er sich nicht wieder einmal hinter einer dunklen Wolke versteckte.
Nach der Ablösung um 06:00 Uhr waren dann auch wir richtig müde und gingen für zwei Stunden ins Bett. Robert und Ottmar hielten nun Wache. Es war eine wunderschöne Nacht mit einem wunderbaren Sonnenaufgang. Röve war ganz begeistert von dem schönen Sonnenaufgang. Zur Krönung kamen sogar noch Delfine, die uns ein kleines Stück begleiteten.
Am späteren Vormittag kamen wir in Cartagena an. Dort gab es freie Zeit für alle – und später gemeinsames Abendessen.
Es ist immer wieder interessant zu beobachten, wie unsere Gästecrew die Zeit verbringt. Der eine (ich nenne hier keinen Namen! J) kommt von der Arbeit kaum los, der andere schafft es grad mal so bis zum Steg, die anderen schwirren raus und sind neugierig, schauen sich alles an. Und es gibt hier viel zu sehen, denn von Hannibal bis Franco haben viele diese Gegend geprägt. Das Museo Arqueológico Municipal zeigt Fundstücke aus römischer, arabischer, westgotischer und karthagischer Zeit. Man kann aber auch die alte Stadtmauer und Schutzanlagen um den Hafen bewundern, zu den auf den Felshöhen gelegenen Forts Las Galeras und San Julian wandern oder zu der Burg Castillo de la Concepción aus dem 11. Jahrhundert.
Wir nahmen es sportlich und gingen eine Runde joggen. So hatte am Abend jeder etwas zu erzählen.
Am Freitag machten wir uns auf den Weg zu unserem Zielhafen: Benalmádena! Leider schon wieder ohne Wind. Wir nahmen es so hin, ändern konnten wir es ja nicht. So unterhielten wir uns oder lagen faul in der Sonne. Robert versuchte sich noch einmal als Fischer – leider erfolglos. Ein Büschel Treibgut verfing sich in seiner Angel, aber kein Fisch. Dann waren alle eifrig dabei, ihr Logbuch auf Vordermann zu bringen, damit Jürg zum Abschluss unseren Stempel und die Unterschrift darunter setzen konnte.
Großsegel setzen funktionierte so gut, als ob wir bereits immer eine feste Crew gewesen wären. Mit 8 Bf Wind von achtern versuchten wir, den Gennaker zum Stehen zu bringen. Wir hatten ja noch genügend Zeit und somit war für einige Stunden der Weg unser Ziel. Mit 3 Knoten Wind segelte die Lumumba nun ganz gemütlich in Richtung Benalmádena. Eine Sehenswürdigkeit der bekannten Stadt an der Costa del Sol ist eine alte Kapelle. Von ihr aus hat man einen schönen Blick auf die Stadt und auf das Umland, – bei gutem Wetter sogar bis nach Málaga.
Die Gelassenheit unserer Gäste machte Spaß! Es fühlte sich an, als ob sie nun so richtig angekommen wären, jetzt, wo die Woche leider schon vorbei war. Daher überlegten wir, den Kurs zu ändern und zusammen weiterzusegeln, vielleicht nach Marokko. Ein verlockender Gedanke, dem wir kurze Zeit nachhingen. Aber dann ging es doch nach Benalmádena. Irgendwann mussten wir dann doch noch etwas beschleunigen und bargen die Segel, stellten unser M-Segel an. So waren wir gegen 17:00 Uhr in der Marina. Wieder wurden wir sehr freundlich begrüßt. Dann erledigten wir die Formalia. Wie in allen Häfen mussten wir auch hier von allen Crewmitgliedern die Pässe abgeben. Ein Formular war für die Marina auszufüllen und ein Formular für die Polizei.
Nachdem alle geduscht und teilweise auch schon bereits gepackt hatten, gingen wir ein letztes Mal zusammen in eines der netten Restaurants zum Abendessen. Es wurde ein tolles Abschiedsessen mit viel „Traubensaft“, es wurde viel gelacht und wir spürten alle, dass wir eine schöne Woche miteinander verbracht hatten! Als wir zurück auf der Lumumba waren, wollte noch keiner ins Bett gehen – daher gab es noch einen Schlummertrunk für alle.
Am nächsten Morgen hieß es dann Abschied nehmen … aber nicht für immer; wir sehen uns sicher wieder!